Hinter der idyllischen Fassade der Villa Adlon verbirgt sich ein Netzwerk der rechten Szene. Unsere Recherchen enthüllen das rechte Netzwerk.
In einer ruhigen Straße am Lehnitzsee am Rande von Potsdam steht die Villa Adlon. Vor dem anmutigen Hauptgebäude ragt ein schweres Metalltor empor, das vor neugierigen Blicken von der Straße schützen soll. Denn hinter der Fassade herrscht ein reges Ein und Aus des deutschen Who-is-Who der rechten Szene. Spätestens seit dem von Correctiv veröffentlichten Artikel “Geheimplan gegen Deutschland” überschlagen sich die Schlagzeilen darüber, was sich in dem Gasthaus abspielt. Bei einem geheimen Treffen hatten Politiker der AfD zusammen mit Neonazis und anderen Rechtsextremen über “Remigration”, die Vertreibung Millionen Deutscher mit Migrationshintergrund gesprochen. Die Enthüllungen von Correctiv bestätigten, was sich bis dahin bereits mehrfach angedeutet hatte: Die AfD ist tief in rechtsextremistische Strukturen vernetzt.
Ausgehend von diesen Enthüllungen haben wir uns die beteiligten Personen und ihre Verbindungen zu weiteren Akteuren der rechten Szene genauer angesehen. Dabei ist ein komplexes Netzwerk sichtbar geworden, das zeigt, wie eng die Verbindungen zwischen AfD-Politikern, rechtsextremen Gruppierungen und deren Unterstützern sind.
Unsere Netzwerkanalyse hat drei zentrale Figuren innerhalb des rechten Netzwerks identifiziert: Maximilian Krah von der AfD, Martin Sellner von der Identitären Bewegung und Mathilda Huss - Privatperson und Eigentümerin des Gasthauses Adlon. Sie spielen eine Schlüsselrolle in der Koordination und Verbreitung rechter Ideologien. Und während man das bei einem Spitzenpolitiker auf europäischer Ebene und einem Aktivisten der identitären Bewegung nicht anders erwarten würde stellt sich doch die Frage: Wer ist Mathilda Huss?
Mathilda Huss wird in den 1980er Jahren geboren und studiert in den 2000er Jahren an einer Universität. Im Internet findet man sehr wenige Informationen über sie. In ihrem Autorenprofil des Schweizer Monats bezeichnet sie sich als Biologin, sie soll in Cambridge studiert und promoviert haben. Ihren rechtsextremen Hintergrund verschleiert sie vor der Öffentlichkeit, nur 2017 erscheint sie in den Medien - sie unterstützt einen AfD Infostand beim Protest gegen eine Moschee. Sonst soll sie unter dem Pseudonym Augusta Presteid in einigen rechten Podcasts und Youtube-Videos krude rassenideologische Thesen verbreiten und so auch mehrere Texte im rechtsextremen Compact-Magazin veröffentlichen. Dessen Chefredakteur, Jürgen Elsässer, ist auch Gast im Landhaus Adlon.
Die Villa kauft Mathilda Huss 2011 mit ihrem damaligen Partner Wilhelm Wilderink (Mitglied der CDU Potsdam) die das Landhaus Adlon und eine private Villa auf dem gleichen Gelände. Ihr Ziel: “Ein Boardinghouse daraus zu machen, in dem Wissenschafter leben und sich frei austauschen können”. Statt Wissenschaftlern sind es aber immer häufiger Politiker konservativ-rechter Parteien, wie der AfD und Werteunion oder Mitglieder der als gesichert rechtsextrem geltenden Jungen Alternative, die es auf das Gelände verschlägt. Auch führende Köpfe der neurechten Szene, wie Götz Kubitscheck oder Martin Sellner sind Gäste in dem Landhaus. Seit 2021 gehört ihr außerdem das Schloss Reinsberg, das sie der Gemeinde für eine halbe Million Euro abkaufte um daraus eine “internationale wissenschaftliche Begegnungsstätte” zu machen. Doch Mathilda Huss ist nicht nur durch Tagungen in der eigenen Villa vernetzt, sie pflegt auch Kontakte weit über das Grundstück hinaus.
Eine Veranstaltungen mit ähnlichen Ausmaßen wie dem Geheimtreffen in Potsdam findet bereits im Juli 2023 statt, als der ehemalige CDU-Politiker Peter Kurth fast 100 Gäste zu einem Sommerfest auf seiner Terrasse in Berlin-Mitte lädt. Zu den Gästen zählen einige der führenden Köpfe der neurechten Szene. Unter anderem Mathilda Huss, Martin Sellner und Maximilian Krah.
Es ist nicht das erste Mal, dass Mathilda Huss und Maximilian Krah aufeinander treffen. Bereits im Dezember 2022 besuchen beide die Annual Gala des New York Young Republican Club, feiern mit US-Rechten, knüpfen Kontakte. Maximilian Krah bereitet sich zu diesem Zeitpunkt auf seine Spitzenkandidatur für die Europawahl vor. Mittlerweile haben ihn relativierende Aussagen über die SS das rechte Bündnis mit der ID-Fraktion im Europaparlament und den eigenen Bundesvorstand gekostet. Außerdem hat ihm die eigene Partei ein Auftrittsverbot vor der Wahl auferlegt. Zur Wahl steht er immer noch.
Im Mai 2023 kreuzen sich die Wege der beiden wieder, diesmal in Potsdam, in der Villa Adlon. Der Anlass: Das AfD nahe Online-Magazin Deutschland Kurier lädt zum Frühlingsfest. Neben einem hohen Aufgebot von AfD-Politikern finden sich auch einige WerteUnion-Politiker unter den Gästen, so auch Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Präsident des Verfassungsschutzes. Das Treffen soll die Vernetzungen zwischen Werteunion und AfD stärken. In der Folge dieses Treffens verdichten sich die Hinweise, dass Maaßen die WerteUnion zu einer eigenen Partei formen will.
Diese Beispiele verdeutlichen die tiefen Verbindungen von Mathilda Huss zur rechtsextremen Szene. Mit jedem Besuch bei rechten Veranstaltungen erweitert sich die potentielle Gästeliste für das nächste politische Treffen auf dem Grundstück der Villa Adlon. Das aufgedeckte Netzwerk zeigt eine beunruhigende Nähe zwischen Politikern, Aktivisten und ideologischen Drahtziehern – und das Landhaus Adlon mit seiner Inhaberin spielt eine zentrale Rolle darin.